Kennt ihr das, wenn man durch Zufall eine Serie entdeckt und sich fragt: WIESO HAT MIR DIE NIEMAND FRÜHER GEZEIGT? Genauso ging es mir vor ein paar Jahren bei der HBO-Produktion „Enlightened“ mit Laura Dern (<3), in der eine Frau Mitte 40 nach einem Nervenzusammenbruch ihren Corporate-Job verliert und wieder bei ihrer Mutter einziehen muss.
Die Frau heißt Amy, war lange Zeit als Gesundheitsberaterin bei einem großen amerikanischen Konzern namens Abaddonn tätig und beschließt nach einer dreimonatigen Therapie wieder an den Ort des Verbrechens zurückzukehren, um ihrem Berufsleben einen Kickstart zu verschaffen.
Das Problem? Als Amy bei Abaddonn aufkreuzt, stellt sie fest, dass es weder in ihrer Abteilung noch anderswo im Unternehmen eine Stelle für sie gibt.
Zufall? Vermutlich nicht.
Zum Glück weiß Amy über ihre Rechte Bescheid, also erinnert sie die Personalabteilung daran, dass sie aufgrund ihres vorbestehenden Krankheitsbildes (Depression) einen Klagegrund hätte, falls sich der Konzern unrechtmäßig weigert, sie wieder einzustellen.
Amy bekommt also ihren Willen, sie darf zurückkehren – und wird als Dank … in den Keller versetzt.
Gemeinsam mit einem Dutzend anderer Outcasts sitzt Amy fortan im untersten Stockwerk des Gebäudes, um an einer „wichtigen Mission“ zu arbeiten – was übersetzt heißt, dass die Mitarbeitenden den ganzen Tag Bullshit-Tasks vollführen, die wirklich niemand braucht. Hauptsache, sie sind ruhiggestellt! Hauptsache sie halten den Mund!
Doch Amy möchte wieder hinauf!
Sie möchte Teil ihres alten Teams werden und versucht mit allen Mitteln und einer fast schon gefährlichen Portion Optimismus, die Karriereleiter hochzuklettern – nur um jeden Tag aufs Neue massiv enttäuscht zu werden. Egal, was sich die kreative, gutmütige (und manchmal ein bisschen anstrengende) Amy einfallen lässt, mit welchen Ideen sie um die Ecke kommt und mit wem Amy spricht: sie wird abgewiesen, von Lunch-Breaks ausgeschlossen und selbst von ihrer ehemaligen Assistentin, die inzwischen hierarchisch über ihr steht, von vorne bis hinten verarscht.
Die Frenemies-Beziehung zwischen Amy und Krista ist besonders gut geschrieben und zeigt sehr deutlich auf, wie sich Arbeitsbeziehungen verändern können, sobald sich ein Machtungleichgewicht einschleicht. Was zählt das Geschwätz vom Vorjahr, sobald du befördert wurdest? Wieso solltest du dich mit einer Kollegin abgeben, die du nicht mehr für deinen eigenen Aufstieg instrumentalisieren kannst?
Übrigens: 2012 gewann Laura Dern für ihre Rolle den Golden Globe Award als Beste Serien-Hauptdarstellerin in der Kategorie Komödie oder Musical. Zudem wurde „Enlightened“ in der Kategorie Beste Serie (Komödie oder Musical) nominiert. Trotz der überwiegend positiven Resonanz der Kritiker wurde die Serie aufgrund niedriger Zuschauerzahlen im März 2013 eingestellt.
Schade, denn die Serie vereint ungefähr ALleSss, was so im Corporate-Berufsleben falsch läuft.
Um nur einige Punkte zu nennen:
- Mobbing
- Falsche Versprechungen
- Narzisstische Kollegen und Vorgesetzte
- Hoffnungslosigkeit
- Sinnlosigkeit (Kündigen oder Abwarten?)
- Heuchelei
- Mitleid bei Job- oder Statusverlust
- Belanglose Mittagessen
- Corporate-Purpose-Gelaber
- Abwertung von Frauen mittleren Alters
- Bestrafung
- Zeitabsitzen
Ich frage mich, ob die Serie deshalb ein kommerzieller „Misserfolg“ war, weil sie so ehrlich, so echt ist.
Ja, wie soll eine derart kritische Serie über das Corporate-Arbeitsleben in einem Land Erfolg haben, in dem immer noch zu viele an den American Dream glauben?
Bixe Jankovska
Mir jedenfalls hat die Serie sehr geholfen, gewisse Dinge, die mir auf Arbeit passiert sind, zu verarbeiten.
Also: wenn du gerade in einem Corporate-Job gefangen bist, der dich morgens, mittags, nachmittags und abends in den Nervenzusammenbruch treibt – schau dir auf meine Empfehlung „Enlightened“ an, um dich weniger schlecht zu fühlen.
Amy ist die vollkommen unperfekte Serien-Freundin, die dich in deinen Emotionen unterstützt und dir zeigt: Du bist mit deinen Gefühlen von Ohnmacht, Ärger, Wut und Hoffnungslosigkeit nicht alleine.
Das System ist Schuld – nicht du, als Mensch.