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Warum ich niemals eine „klassische“ Dienstleisterin sein werde

Letztens hatte ich einen Call mit einem potenziellen, neuen Klienten, der mich nicht durch meinen Instagram-Account groschenphilosophin kannte – sondern durch Google. Da fiel mir das Problem auf: Die allermeisten Menschen, die mich im Internet durch das Keyword „Kündigung“ finden, wissen gar nicht, wer ich eigentlich bin.

Also, hinter meiner Beraterinnen-Rolle.

Zeit für Aufklärung!

Ich bin nämlich keine Vollzeit-Beraterin, sondern hauptberuflich Autorin. Tatatataaa! Heißt: Nach drei erzählenden Sachbüchern (Rowohlt, Haymon, BoD) und einer Essay-Sammlung (Palomaa Publishing) arbeite ich gerade an meinem ersten Roman. Das Vorhaben nimmt den Großteil meiner freien Arbeitszeit ein.

Die Beratung mache ich trotzdem nebenbei, weil ich Bock darauf habe, anderen Menschen in die Arbeitslosigkeit – und damit in den Beginn ihrer künstlerischen Selbstständigkeit zu helfen. Aber sie ist und war nie so angelegt, dass sie mir das Leben finanziert.

Und wisst ihr was?
Ich denke, that’s a good thing. Gerade, wenn ich an die Coaching-Landschaft in Deutschland denke. Oder, anders gesagt: Was hast du für ein Bild vor Augen, wenn du an einen Coach denkst?

  • Jemanden, der erkannt hat, dass Coaching ein lukratives Geschäft ist?
  • Jemanden, der dir von oben herab als allwissender, geheilter Guru dein Leben erklärt?
  • Eine Person, die Prozesse optimiert und Excel-Tabellen formatiert?

Ja, so ungefähr geht es mir auch, wenn ich an „klassische“ Coaching-Dienstleister denke. Ich schaue auf ihre Webseiten und denke mir: Nope. Von einem Dubai-Expat wie dir lasse ich mir sicher nicht die Welt erklären!

Wenn ich ehrlich bin, habe ich genau deshalb selbst nie ein Coaching gemacht. Nicht unbedingt, weil mich die Thematiken nicht interessiert hätten, sondern weil mich die allermeisten Personen aus dem deutschsprachigen Raum mit ihren esoterischen Glaubenssätzen und/oder neoliberalen Mindset-Changes und/oder horrenden Preisen abgeschreckt haben. Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich mit der Person dahinter bonde, weil es für mich nicht reicht, auf dem hohen Ross zu sitzen und seine Privilegien zu flexen.

Oft hatte ich das Gefühl, diese Menschen sind aus den falschen Gründen Coaches geworden. Weil es „leicht“ ist. Business klauen, Website aufsetzen, fertig. Zwar saßen sie jetzt nicht mehr in Festanstellungs-Meetings und mussten nicht mehr ihren Chefs zuarbeiten, dafür performten sie etwas … Anderes. Etwas vermeintlich Heiliges, Reines, Unantastbares – mit dem sie Menschen zum Kauf drängten.

So wollte ich gewiss: nicht werden. Ich hatte mich nicht vor sieben Jahren selbstständig gemacht, um wieder jeden Tag eine Maske aufzusetzen. Nämlich die der allwissenden toxisch-positiven Coachin.

Ich wollte zwischen meinen Klienten und mir keine Hierarchien schaffen, und ich wollte auch nicht so tun, als ob ich alles besser wüsste und die One-Size-Fits-All-Lösung für „das gute Leben“ erfunden hätte. Klar weiß ich manches durch Recherche, Erfahrungswerte und die Arbeit in der Beratung selbst – aber ich werde trotzdem nie eine klassische Dienstleister-Personality sein, die dir genau das verkauft.  

Vielleicht sehe ich mich nicht als klassische „Beraterin“, weil ich in erster Linie ja auch rein faktisch Künstlerin bin. Ich schreibe Bücher und Blogposts, ich spiele Klavier, ich interessiere mich für Musikproduktion, ich singe und genieße nichts mehr, als mich mit anderen kreativen Menschen zu umgeben, die meine Werte teilen.

Wo wir schon beim nächsten Punkt wären:  

Chemistry is everything

Die für mich wichtigste Voraussetzung bei einer Zusammenarbeit ist die zwischenmenschliche Chemistry. Und die spüre ich oft schon in den ersten Minuten des Intro-Calls. Das Fachliche? Kommt erst danach.

Ich wollte keine Beratung gründen, wo ich mich selbst vor den Calls grusle, und schon vorher Panik bekomme, weil ein Zoom-Call in meiner Schedule eingetragen ist. Ich möchte Meetings kreieren, in denen eine angenehme Atmosphäre herrscht, und jeder so sein kann, wie er ist. 

Ich sehe mich lieber als digitale Freundin auf Augenhöhe, die mit ihren Klienten über die vielen verschiedenen Schritte bis zur finalen Kündigung spricht – aber auch über die eigenen Traumata, Wünsche und Zukunftsvorstellungen.

Ich möchte wissen, wovon meine Klienten träumen; ich möchte sehen, wann ihre Augen leuchten. Kurz: Ich möchte wissen, wer meine Klienten im tiefsten Inneren sind, genauso wie ich möchte, dass sie wissen, wer ich bin und was mich ausmacht.

Ich sehe meine Klientinnen als Geschenk, weil ich sie ein Stück weit auf ihrem Weg in die Freiheit begleiten kann, und weil mir die persönliche Connection im oftmals einsamen Schreiballtag etwas zurückgibt, das sich nicht mittels KPI messen lässt.

Während ich die ersten Sessions von THX BYE Anfang 2023 noch mit Blazer abgehalten habe (Seriosität und so!), sitze ich jetzt wirklich genauso vor dem Laptop, wie ich das auch beim Schreiben tue. Meist in einem alten, gammligen Pulli. Meine Haare sind sporadisch gekämmt, mein Make-Up nicht vorhanden. Und das nimmt schon mal eine ganze Menge Pressure von mir (und meinem Gegenüber).

Das Äußere ist dabei natürlich nur ein Faktor.

Ich werde nie die klassische Dienstleisterin sein, die mehr Wert auf das Design ihrer Excel-Tabellen legt, als auf die Kommunikation mit ihren Klienten.

Ich werde nie die klassische Dienstleisterin sein, die mehr Wert auf Quantität und Skalierbarkeit legt, als auf Qualität.

Ich habe lieber nur eine passende Klientin pro Monat, dafür weiß ich genau, was bei ihr abgeht und kann mich voll und ganz darauf einlassen. Ich nehme nie mehr Klienten auf, als ich handlen kann und wenn ich mal merke, dass mich meine Arbeit insgesamt doch zu sehr einnimmt, nehme ich eine längere Pause.

Ich habe diese Beratung, ja. Aber ich bin keine klassische Dienstleisterin, die ihren Tag danach scheduled. Meine Beratung fügt sich in mein Leben ein, ich baue nicht mein Leben um sie herum.

Ich werde nie eine klassische Dienstleisterin sein, weil ich Künstlerin bin und eine klassische, kapitalistische Service-Mentality ablehne. Ich renne niemandem nach. Ich bettle nicht um Abschlüsse. Ich gehöre nicht meinen Klienten, und meine Klienten gehören nicht mir. Sie müssen nicht auf mich hören, niemand muss kündigen, wenn er doch nicht möchte. Es gibt keine Tadelung, und kein schlechtes Gewissen.  

All diese Werte gebe ich nicht nur in meinen Beratungen, sondern auch auf meinem Blog groschenphilosophin, dem dazugehörigen Instagram-Account und in meinen Büchern weiter.

Erst vor Kurzem ist mein Anti-Work Buch „Potenziell furchtbare Tage“ im Haymon Verlag erschienen. Wenn du jetzt noch nicht spürst, dass die Zeit für einen Call mit mir gekommen ist, hilft dir vielleicht schon die stille Lektüre alleine weiter.

Wenn du willst, kannst du dich danach noch immer melden.

Jetzt weißt du ja schon ein bisschen mehr, wie ich drauf bin.

xoxo
Bixe

Von Bianca Jankovska

Bianca Jankovska ist Kommunikationswissenschaftlerin und Wirtschaftsjuristin by Abschluss, Autorin und Philosophin by heart. Sie ist Gründerin des Magazins Groschenphilosophin - das erste Mag zur politischen und psychosozialen Dimension von Social Media, Spätkapitalismus und Popkultur.